Lichtschlag Bücher

Leseprobe: Männerbeben

Vorwort

Die sogenannte „demografische Krise“ ist seit mehreren Jahren ein zentrales Thema der hiesigen Debatte. Auch wenn die exakten Zahlen umstritten sind, so besteht doch weitgehende Einigkeit darüber, dass wir Deutschen zu wenig Nachwuchs in die Welt setzen, um die bestehenden Sozialsysteme in dieser Form funktionsfähig zu erhalten. Sobald dieses Problem in seiner ganzen Konsequenz erkannt wurde, überlegte man sich die unterschiedlichsten Maßnahmen, um es Frauen zu erleichtern, Mutterschaft und Berufstätigkeit besser miteinander zu vereinbaren.

Was dabei jedoch häufig übersehen wird ist, dass es zwei Geschlechter gibt – und dass der „Zeugungsstreik“ der Männer dem „Gebärstreik“ der Frauen wenig nachsteht. Schon vor Jahren, im „Spiegel“ vom 29. November 2004, erklärte Professor Gerhard Amendt, Leiter des Bremer Instituts für Geschlechter- und Generationenforschung, es gebe einen „Bezug zwischen den niedrigen Geburtenraten der Deutschen und den weitgehend vernachlässigten Wünschen und Vorstellungen der Männer“.

Es ist höchste Zeit, über diese vernachlässigten Wünsche und Vorstellungen offen zu sprechen.

Mit dem vorliegenden Buch habe ich mir dies zur Aufgabe gemacht. Als Ausgangspunkt dient mir das in sämtlichen Gazetten hoch- und runtergefahrene Klischee, dass sich die Männlichkeit in einer Krise befinde. Nie würde man davon sprechen, dass sich die Weiblichkeit in einer Krise befände, obwohl es auch Frauen schwer haben, sich in neu geordneten Rollen zurechtzufinden. Tatsächlich kenne ich keinen einzigen Mann, der sich wegen seiner Männlichkeit in einer Krise befindet. Und ich möchte wetten, Ihnen geht es nicht anders! Was Männern in Wahrheit zu schaffen macht, ist eine dreifache Form von Diskriminierung: Sie werden in den Medien abgewertet, von der Politik mit ihren Anliegen ignoriert und vom Gesetzgeber schlechter gestellt. Mit den verschiedenen Formen von vielschichtiger Männerfeindlichkeit beschäftigt sich der erste Teil des vorliegenden Buches.

Die darauf folgenden Kapitel schildern, wie solche veralteten Strukturen momentan aufbrechen wie die Erdkruste bei einem größeren Beben, und wie Männerrechtler sich im Augenblick zusammenfinden und eine Stimme dafür entwickeln, gegen ihre Benachteiligungen vorzugehen – und zwar ohne sich ständig dafür rechtfertigen zu müssen. Welche Ziele haben sie? Wie haben sie begonnen, dafür zu kämpfen? Auf welche Hindernisse sind sie gestoßen? Und welche Erfolge haben sie schließlich errungen? Eine der vermutlich spannendsten, schwierigsten, aber auch verheißungsvollsten Phasen in der Emanzipationsgeschichte der beiden Geschlechter hat soeben begonnen.

Schließlich liefere ich auf der Grundlage der aktuellen Entwicklungen einige Prognosen dafür, wie wohl die Zukunft von Männern und Frauen aussehen wird. Und da Sie, was immer Sie auch tun oder nicht tun, ein Teil dieser Zukunft sein werden, gebe ich zum Ende des ersten Teils einige Ratschläge, wie Sie sich selbst für mehr Freiheit und Gleichberechtigung einsetzen können.

Ich schreibe diese Zeilen im Sommer 2007. Im Herbst 2001, also vor fast sechs Jahren, ist mein Buch „Sind Frauen bessere Menschen?“ erschienen, das entscheidend zum Entstehen einer Männerrechtsbewegung in Deutschland beitrug, weshalb es von einigen inzwischen als „Masku-Bibel“ bezeichnet wird. Dieser Erfolg motiviert mich einerseits dazu, einen Nachfolgeband vorzulegen. Andererseits lähmte er mich lange Zeit auch, weil ich fast unweigerlich die Reaktion erwarte: „Na ja, so gut wie ‘Sind Frauen bessere Menschen?’ ist es nun nicht ...“ In der Tat kann ich nicht zweimal das Rad neu erfinden. „Sind Frauen bessere Menschen?“ bestach vor allem durch seine aufrüttelnde Wirkung, etliches, was in der Geschlechterdebatte als ewige Wahrheiten verkündet wurde, umfassend und bis ins letzte Detail belegt in Frage zu stellen. Das ist nicht wiederholbar. Andererseits, so überlegte ich mir, wäre es auch dumm, wenn ich zum Thema Männerrechte und Männerbewegung nichts mehr schreiben würde, nur weil ich Angst habe, der enormen Erwartungshaltung nicht gerecht werden zu können.

Nun ist der passende Zeitpunkt gekommen. In den letzten sechs Jahren machten sich die Vorläufer des geschilderten kleinen Erdbebens bemerkbar, welches die scheinbar fest gefügten Strukturen der Geschlechterdebatte nachhaltig erschüttern wird. Zugegeben: Noch bekommt man in den traditionellen Medien nur sehr verhalten etwas davon mit. Einen wesentlich besseren Seismografen stellt das neue Medium Internet dar, weshalb ich im Verlaufe dieses Buches immer wieder aus Websites und Foren zitieren werde. Wegen der Anonymität, die das Internet gewährt, und weil sich dort sehr unterschiedliche Menschen begegnen, kann man hier ein weit besseres Bild darüber gewinnen, wie Leute zu einem Thema stehen, das sie alle angeht. Besser, als wenn man sich allein auf Texte aus der journalistischen Sparte bezieht. Vermutlich wird es nicht lange dauern, bis auch viele Soziologen den immensen Gewinn für ihre Arbeit entdecken.

Diese Entwicklungen führen zu einem Aspekt, der das Buch deutlich von „Sind Frauen bessere Menschen?“ unterscheidet. Mit meinem 2001 erschienenen Buch war ich der Vordenker der hier skizzierten Entwicklung. Ich konnte mich nur an einigen wenigen Autoren zum selben Thema (Warren Farrell, Matthias Matussek etc.) orientieren. In „Männerbeben“ hingegen fließen automatisch eine Vielzahl von Stimmen und Gedanken ein. Um dies angemessen zu reflektieren, folgt auf den ersten Teil des Buches, der eine Art Chronik über die Säuglingsjahre der deutschen Männerrechtsbewegung darstellt, ein zweiter Teil, in dem ich verschiedene Männer und Frauen zum Thema in eigenen Worten Stellung nehmen lasse. Es handelt sich ausnahmslos um Persönlichkeiten, von denen ich sehr viel halte: Sie sind meiner Meinung nach sehr mutig und idealistisch, weil sie sich zwar für eine bessere Welt einsetzen, dies aber nicht wie so viele im vorgegebenen Rahmen der politischen Korrektheit tun,. Und weil sie für ihren Einsatz oft nur mit Ignoranz und Hass entlohnt werden. Zudem halte ich sie für klug und weise, weil sie nicht einfach das nachbeten, was ihnen 24 Stunden am Tag um die Ohren geblasen wird, sondern weil sie sich ihre eigenen Gedanken machen. Tu etwas für Frauen, und du brauchst nicht einmal dein Hirn anzuwerfen, sondern kannst brav mit der Masse mitmarschieren. Und jeder wird dir auf die Schulter klopfen. Tu etwas für Männer, und viele Leute werden die Nase rümpfen, dich anspucken und dir Knüppel zwischen die Beine werfen.

Natürlich versuche ich, mit diesem Buch auch völlige Neueinsteiger in dieses Thema zu erreichen und nicht nur die ganz alten Hasen, die ohnehin schon über alles Bescheid wissen. Des halb komme ich nicht ganz umhin, an einigen Stellen noch Passagen aus „Sind Frauen bessere Menschen?“ kurz aufzugreifen. Dabei habe ich jedoch alles dafür getan, dass sich kein Leser dieses Buches bei der Lektüre langweilt. Ich hoffe, dass ich damit Erfolg habe.

Schließlich sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Arbeit an diesem Buch – so wie die Arbeit an jedem Buch – auch für mich eine Gelegenheit war dazuzulernen. Als ich mit „Männerbeben“ begann, gehörte ich noch keiner Männerorganisation an, weil es mir wichtig war, autonom zu bleiben und als Journalist auch unparteiisch berichten zu können. Allerdings schälte sich während meiner Recherche als eines der größten Probleme der Männerbewegung heraus, dass etliche Männerrechtler lediglich individuell vor sich hinwurschteln, statt sich mit anderen zusammenzutun und mit vereinten Kräften ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Würde das öfter stattfinden, gäbe es auch schnellere und größere Erfolge. Insofern habe ich mich in der Endphase der Arbeit an diesem Buch der Männerrechtsgruppe MANNdat sowie der im Dezember 2006 gegründeten Männerpartei angeschlossen. Ich erwarte von keiner dieser beiden Gruppen politische Wunder, hoffe aber, dass gebündelte Anstrengungen bald erste Verbesserungen für das Leben von Männern in unserer Gesellschaft zeigen werden.

Vor allem über eines sollten Sie sich beim Lesen dieses Buches klar werden: Es handelt sich bei den hier geschilderten Vorgängen um eine Revolution des allgemeinen gesellschaftlichen Denkens. Diese kulturelle Revolution ist keine Geschichte. Sie passiert jetzt, steckt sogar noch in den Kinderschuhen. Das bedeutet: Wenn Sie mögen, können Sie jederzeit noch einsteigen und mit dabei sein.

Arne Hoffmann
Springen

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