Lichtschlag Bücher

Leseprobe: Männerbeben

Wir Pioniere

Für diesen Teil habe ich eine Reihe von Interviews mit denjenigen Menschen geführt, deren Denken ich im Zusammenhang mit der Geschlechterdebatte für am wegweisendsten halte. Bezeich nenderweise ist bislang kaum einer von ihnen in irgendeiner Form prominent. Zwar gehört auch ein Bundestagsabgeordneter zu den von mir Befragten, die meisten anderen stellen aber eine Art außerparlamentarischer Opposition dar. In den Parlamenten liegen die spezifischen Anliegen und Bedürfnisse der männlichen Bevölkerungshälfte bis heute leider brach. Es wird zwar gezielt Politik „für Frauen“ gemacht, von einer gezielt auf Männer ausgerichteten Politik kann aber nirgendwo die Rede sein.

Den Beginn macht Michail Savvakis, einer der frühesten und in einigem sicher auch radikalsten Denker der neuen Männerbewegung. Er ist nicht nur ein starker Theoretiker, sondern gab auch den Anstoß zu MANNdat e.V. und ist mit der Verleihung seines ironischen Ehrenpreises für besonders eklatante Männerfeindlichkeit, die „Lila Kröte“, auch praktisch tätig.

Ihm folgt Dr. Eugen Maus als Mitbegründer und Vorsitzender eben jener Männerrechtsgruppe MANNdat. Auch er hat das Ungleichgewicht in der Geschlechterdebatte, schon Jahre bevor es vielen anderen Menschen auffiel, öffentlich thematisiert. Heute führt Eugen Maus mit ruhiger Hand eine kleine Organisation, die sich dem Zeitgeist von Politik und Medien beharrlich und mit klugen Argumenten widersetzt.

Zu den Frauen, die recht früh merkten, dass hier einiges gewaltig schief läuft, und die sich dagegen engagieren, gehört Christine Hamprecht. Im Vergleich zu ihrer Klarheit, Offenheit und Entschlusskraft wirkt die Unterwürfigkeit besonders peinlich, mit der manche Männer einem Sexismus, der sich gegen ihr eigenes Geschlecht richtet, den Weg bereiten – und der einäugige Lobbyismus vieler Feministinnen ohnehin.

Dass emanzipierte Frauen wie Christine Hamprecht und Feministinnen zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind, macht Franzjörg Krieg bereits in der Überschrift seines Interviews deutlich. Krieg ist eines der rührigsten Mitglieder des „Väteraufbruchs für Kinder“, der bereits 1989 gegründet wurde und insofern Wegbereiter der neuen Männerrechtsbewegung war.

Das jüngste Kind dieser Bewegung ist wohl die im Dezember 2006 gegründete „Männerpartei“. Deren engagierter Vorsitzender Peter Eisner war freundlicherweise ebenfalls zu einem Interview bereit.

Wolfgang Wenger firmiert als Geschäftsführer dieser Partei, aber er ist sehr viel mehr als das. Tatsächlich kämpft Tausendsassa Wenger eine ganze Reihe von notwendigen Schlachten gleichzeitig. Beispielsweise ist er der wohl profilierteste Streiter für das Recht auf selbstbestimmte Vaterschaftstests. In seiner Männer- und Jungenzentrale in Rosenheim widmet er sich der Aufgabe, dem oft verfemten Geschlecht neues Selbstbewusstsein zu vermitteln.

Unterstützung erhält diese Partei auch von Bettina Peters. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann einen kleinen Verlag und wurde darüber hinaus vor allem als Autorin des Buches „Männer, wehrt euch!“ bekannt. Bezeichnenderweise gelangt sie aus ihrer weiblichen Perspektive zu denselben Schlussfolgerungen wie viele Männerrechtler und steht damit stellvertretend für andere Autorinnen wie Karin Jäckel oder Astrid von Friesen.

Im Bundestag spielt Männerpolitik noch keine Rolle. Einer jener Ausnahmepolitiker, die Hoffnungen machen, dass sich das ändern könnte, ist Markus Grübel. Er dürfte als jener Abgeordnete in die Geschichte eingehen, der die erste Männerrechtler-Rede des deutschen Bundestages hielt. Grund genug, ihn in diesem Buch vorzustellen.

Die Männerrechtsbewegung hat viele unbeackerte Anliegen, und zu jedem hätte ich ein Expertengespräch führen können. Da dies den Rahmen gesprengt hätte, habe ich mich für eines jener Themen entschieden, die mir am meisten am Herzen liegen: Gewalt in der Partnerschaft. Der Vorteil, wenn man sich in einem Bereich besonders gut auskennt, ist, dass man weiß, wer hierzu die fundiertesten Dinge sagen kann. Die Entscheidung für die Soziologin Julia Bennwitz fiel mir leicht – und wenn man das Interview mit ihr liest, wird man erkennen warum.

Ein wissenschaftlich fundierter Überbau erscheint mir auch sonst in der Geschlechterpolitik wesentlich. Hier fällt allerdings auf, dass die akademische Genderforschung ausgesprochen stark von der feministischen Ideologie in Besitz genommen wurde und ihre Erkenntnisse damit immer wieder einer einseitigen Gewichtung unterliegen. Jemand, der sich in diesem Metier wirklich auskennt und dazu gehaltvolle Kritik vorbringen kann, ist Andreas Reich. Er erklärt, durch welche teils grotesken Einseitigkeiten die Forschung verzerrt wird, woran das liegt, welche neuen Entwicklungen in diesem Bereich momentan stattfinden und welche wünschenswert wären.

Als eine Art Enfant Terrible der Geschlechterdebatte stellt sich in seinem Interview Simon Gunkel dar, der zur Trans- bzw. Postgender-Bewegung gehört und mit seinen Ansichten bei Feministinnen wie Maskulisten gleichermaßen aneckt. Ich halte ihn für einen der klügsten Köpfe nicht nur des akademischen Nachwuchses und war mir sicher, dass er gerade aus seiner ganz eigenen Perspektive „quer zu den Fronten“ viele intelligente Gedanken beisteuern konnte. Mein Interview mit ihm bestätigte diese Gewissheit. Simon überlasse ich gerne das Schlusswort zu diesem Buch.

Es ist offensichtlich, dass in einer liberalen, heterogenen Bewegung nicht alle Mitglieder derselben Meinung sein können. Insofern gibt es natürlich auch bei meinen Interviewpartnern unterschiedliche Ansichten, was logischerweise bedeutet, dass ich nicht all diesen Ansichten gleichermaßen zustimmen kann, noch sämtliche Interviewpartner all dem, was ich zu einzelnen Punkten denke. Vielleicht ist der kleinste gemeinsame Nenner aller Männerrechtler nur das Bewusstsein, dass Männer und Jungen in unserer Gesellschaft zu kurz kommen, und der Wunsch, dagegen etwas zu unternehmen. Insofern hoffe ich, dass die in diesem Buch versammelten Meinungen – die meiner Gesprächspartner und meine eigene – zumindest einen Anstoß zu einer längst überfälligen Debatte darüber leisten werden, wie wir diese Diskriminierung beenden können.

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