Leseprobe: Das 68er KochbuchWahlfälschungskrapfenDer Wahlfälschungskrapfen wird in 68er-Land seit einiger Zeit gern zu Wahlparties gereicht. Man verputzt ihn erst, wenn alle Stimmen ausgezählt sind. Hat die falsche Partei dann eine Stimme zu viel, zählt man so lange, bis sie eine zu wenig hat, wie bei der Bürgerschaftswahl 2007 in Bremen. So bleibt man unter sich und kann hinterher beim gemeinsamen Krapfenschmatzen stilecht mit dem passenden Champagner auf seinen sauberen Wahlsieg anstoßen. Besonders leicht wird einem der Wahlsieg natürlich dann gemacht, wenn man schon vorher weiß, dass es knapp wird und dass am Ende ungefähr noch 8000 Stimmen fehlen werden. In solchen Fällen lässt man bequemerweise am Wahltag einfach Leute mitwählen, die eigentlich gar nicht wählen dürften, weil sie nämlich überhaupt keine deutschen Wahlberechtigten sind, aber Hauptsache, sie wählen die richtige Partei. Sobald man auf diese zugegeben etwas linke Methode zum zweiten Mal Bundeskanzler geworden ist, verschlampt man das ganze und brüstet sich, wie verfassungsgemäß und demokratisch man wiedergewählt wurde. Der Wahlfälschungskrapfen enthält grundsätzlich keine echten Zutaten, sondern nur gefälschte. Man kann zum Beispiel in China Musikschallplatten kaufen gehen, weil die bestimmt gefälscht sind, oder man nimmt die offiziellen Bilder irgendwelcher Staatsund Parteiführer, denen man als Alt-68er damals zugejubelt hat, etwa zeitgenössische Aufnahmen von Stalin oder Ho Chi Minh. Die sind meist auch gefälscht. Und wer noch ein paar Stimmzettel aus den Tagen der SED aufgehoben hat, kann sie in Gelatine einweichen und den Krapfen damit füllen. Reißt der Krapfen dann ein, gehört das dazu, denn die Wahlfälschung macht das ja auch. |