Lichtschlag Bücher

Leseprobe: Markt und Moral

Vorrede

Unsere Marktwirtschaft, eine elementare Stütze der freien Gesellschaft, befindet sich in der Krise. Schon in der Antike erkannte man, dass ein freies Gemeinwesen dank der Kräfte blüht und gedeiht, die es durch die strenge Befolgung strenger Regeln hervorbringt und schützt. Und seit jeher wussten die Denker der Freiheit, dass bereits ein oder zwei Generationen später das Wissen um den Zusammenhang verlorengeht, der zwischen diesen Regeln und der materiellen wie immateriellen Güterfülle besteht. Weil alles so reibungslos zu funktionieren scheint, verbreitet sich die folgenschwere Meinung, es schade ganz und gar nicht, wenn sich überall ein lockerer Lebenswandel breitmacht. So weicht das Bewusstsein der Gefährdung allmählich dem Hang zur Bequemlichkeit; und die Gesetze, Sitten und Normen werden mehr und mehr als lästige Einengung empfunden. Kurz und gut, die Moral, die die scheinbar so stabile freie Gesellschaft trägt, wird brüchig.

Ludwig Erhard, dem im Nachkriegsdeutschland das oft zu einem Mythos verklärte „Wirtschaftswunder“ gelang, hat dargelegt, dass Freiheit und Wohlstand stets aufs Neue errungen werden müssen: „Die stärkste Stütze einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ist der Wille der Individuen, sich die Freiheit ihrer Lebensführung zu bewahren und sich nicht in allen Lebensäußerungen schablonisieren, uniformieren und kollektivieren zu lassen.“ Diese Erkenntnis Erhards steht für das, was dieses Buch beabsichtigt.

Im siebenten Jahrzehnt nach Kriegsende gilt die deutsche Wirtschaft gewiss – immer noch – als eine der stärksten der Welt. Die auf dem Prinzip des Wettbewerbs beruhende Marktwirtschaft Westdeutschlands hat sich – ein zu erwartender Sieg! – gegen die sozialistische Planwirtschaft der DDR durchgesetzt. Aber sind die Deutschen, namentlich die Westdeutschen, noch dieselben, die mit Tatkraft und Gemeinsinn den Wiederaufbau bewältigt haben? Hat nicht der regelungswütige, mit dem ökonomischen Erfolg übermächtig gewordene Wohlfahrtsstaat die Dynamik der Wirtschaft nicht unerheblich gedrosselt? Begeisterung scheint es in den Fußballstadien, aber weniger in der Welt des Wirtschaftens zu geben. Wagemut und Gemeinschaftssinn prägen die Unternehmungen der Felskletterer, aber immer seltener das Geschehen in den Betrieben.

Was Wilhelm Röpke (1899 – 1966), Alexander Rüstow (1885 – 1963), Alfred Müller-Armack (1901 – 1978), Walter Eucken (1891 – 1950), Ludwig Erhard (1897 – 1977) und Franz Böhm (1895 – 1977), die herausragendsten Väter unserer Marktwirtschaft, an Erkenntnissen über Eigentum, Arbeit, Selbständigkeit, Familie, Heimat, Natur und Ethik zu Papier gebracht haben, kann für die Erneuerung der Marktwirtschaft herangezogen werden. Um den Leser mit den Ideen der Gründerväter direkt vertraut zu machen, wurde ausgiebig aus deren Werken zitiert.

Zu wünschen bleibt, dass die vorliegende Schrift zur moralischen Erneuerung unserer Marktwirtschaft beiträgt. Damit könnte auch die Umkehr gelingen von einer mechanisierten Staatsfürsorge zu einem von Röpke prophezeiten „wahren Hunger nach dem Gegenteil, nach Qualität, Seele, Individualität, Verwurzelung, Geborgenheit und menschlicher Wärme.“

In diesem Sinne widme ich diesen Band meinen verstorbenen österreichischen Landsleuten, den Nationalökonomen und Sozialphilosophen Friedrich A. von Hayek und Ludwig von Mises.

Schließlich danke ich Frau Waltraud Deigner für die sorgsame Schreibarbeit. Marlene Rottenkolber-Kromka, meine Ehefrau, und Götz Wiedenroth haben dankenswerterweise die beiden Köpfe von Ludwig Erhard gezeichnet.Mein besonderer Dank gilt André F. Lichtschlag, der diese Schrift verlegt und mit seiner Zeitschrift „eigentümlich frei“ im Chor der Freiheit besonders kräftig mitsingt.

Freising, im Frühling des Jahres 2008
Franz Kromka

[zurück zum Buch]