Lichtschlag Bücher

Leseprobe: Der Fall Eva Herman (restlos ausverkauft / aus dem Programm genommen)

Vorwort

„Ich bin ja kein Anhänger der Thesen Eva Hermans, aber ...“

Diesen Satz konnte man in den Tagen nach der Johannes B. Kerner-Show vom 9. Oktober 2007 hundertfach im Internet lesen. Ich halte ihn nicht für sehr glücklich. Zum einen, weil er allein durch seine häufige Verwendung bereits zum Sprachklischee geworden ist, zum anderen, weil es der Bekämpfung von Isolierung nicht gerade gut tut, wenn sogar die Verteidiger des Ausgegrenzten so tun, als ob das jemand sei, mit dem man eigentlich nichts zu tun haben will. Trotzdem möchte auch ich erwähnen, dass ich selbst den Thesen Eva Hermans wenig abgewinnen kann – und zwar um Missverständnisse zu vermeiden. Durch meine Bücher „Sind Frauen bessere Menschen?“ und „Männerbeben“ sowie mein Blog „Genderama“ bin ich wohl einer der bekanntesten Vertreter der Männerrechtsbewegung und ich möchte nicht den Eindruck entstehen lassen, als ob wir alle Anhänger der klassischen Rollenverteilung mit der Frau am heimischen Herd seien. (Gut, die „Emma“ dürfte so oder so über den „Eva-Herman-Fan Arne Hoffmann“ schreiben, aber man sollte den Medien ja wenigstens die Chance zu einer fairen Berichterstattung geben.)

Geschlechterpolitisch haben die Eva-Herman-Fraktion und die Männerrechtler unterschiedliche Konzepte – die ich insbesondere in „Männerbeben“ näher vorstelle –, und ich halte unsere für ein wenig moderner und sinnvoller. Leider sieht die geschlechterpolitische Debatte in den deutschen Medien so aus, dass nur über die unterschiedlichen Rollenentwürfe von Frauen gesprochen wird – Eva Herman hier, Alice Schwarzer da – und man von uns Männern erwartet, bei demjenigen Modell den Erfüllungsgehilfen zu spielen, das sich letztlich durchsetzt. Zudem bin ich auch ein Liberaler, eher linksliberal, um genau zu sein – wobei für mich Unterscheidungen zwischen „links“ und „rechts“ allerdings weniger von Bedeutung sind als Unterscheidungen nach den Kategorien wahr/unwahr, richtig/falsch, frei/unfrei, gewaltsam/gewaltlos und fair/unfair. Insofern habe ich die Art, wie mit Eva Herman und ihrer Meinung von Anfang an umgegangen wurde, mit immer größerem Unbehagen verfolgt.

Wie für viele andere war auch für mich die Kerner-Talkshow der absurde Höhepunkt. Spätestens als Kerner den Satz „Autobahn geht halt nicht“ von sich gab, kam ich mir vor wie in einem Sketch von Monty Python („Jehova! Jehova!“). Das Bizarre war nur, dass von Kerner über Berger und Schreinemakers bis zu diesem Professor im Publikum es alle bitter ernst meinten. Als ich dann in den nächsten Tagen die „Bild“-Überschriften „Bei Kerner lobte sie Hitlers Autobahn“ und „Ist Eva Herman braun oder nur doof?“ las, war klar: Da sollte – wieder einmal – jemand persönlich fertiggemacht werden. Und ähnlich wie bei anderen Medienkampagnen, die ich zuvor schon analysiert hatte, fragte ich mich auch diesmal, wie es zu solchen Auswüchsen kommen konnte. Nun könnte man es sich einfach machen und sagen: Na ja gut, es ist eben die „Bild“, „Gossenjournalismus“, wie Gerhard Henschel es unlängst in einem Buch mit vielen Fallbeispielen nannte. Da werden Leute eben kampagnenartig hoch- und dann wieder heruntergeschrieben. Aber so einfach ist es nicht. Tatsächlich greift die „Bild“ nur sehr zugespitzt und schlaglichtartig eben jene Diskurse auf, die zuvor schon von anderen, vermeintlich „seriösen“ Medien vorbereitet worden waren. Ich werde das im Verlauf dieses Buches näher illustrieren. Was erwartet Sie nun also auf den folgenden Seiten? Im ersten Kapitel werde ich Hintergründe zu dieser Debatte erläutern, über die man sich im klaren sein muss, um die Hysterie zu verstehen. Kapitel zwei zeichnet nach, wie sich die Kampagne gegen Eva Herman im Lauf von anderthalb Jahren immer weiter hochschraubte. Im dritten Kapitel schildere und kommentiere ich detailliert den Ablauf der Kerner-Sendung, was wohl nötig ist, nachdem viele Journalisten darüber geschrieben haben, obwohl sie die Sendung offensichtlich gar nicht gesehen hatten. („Bei Kerner lobte sie Hitlers Autobahn“) Das darauf folgende Kapitel stellt in analytischer Weise die machmal sehr guten, oft aber auch sehr fragwürdigen Medienreaktionen auf die Sendung zusammen. Und im Abschlusskapitel werde ich mich einigen grundsätzlichen Fragen widmen. Ich wünsche Ihnen trotz allem Ärger viel Spaß beim Lesen!

Arne Hoffmann
Springen

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