Lichtschlag Bücher

Leseprobe: Lebenswerte (restlos ausverkauft / aus dem Programm genommen)

Vorbemerkung

Dieses Buch geht der Frage nach, wie und wofür es sich – in einem ganz alltäglichen, unpathetischen Sinne – zu leben lohnt. Da die hier in Vorschlag gebrachten Antworten womöglich oft nicht mehrheitsfähig sind, gestattet sich der Autor den Hinweis, dass es seine Lebenswerte sind, die in Rede stehen. Wenn Sie andere haben, schön für Sie.

Die Reihenfolge der Kapitel gehorcht keinem höheren Prinzip und folgt auch keiner Rangordnung, der Leser kann nach Belieben einsteigen und überblättern, was ihn nicht interessiert. Weder die gesamte Auswahl noch irgendeines der Kapitel erheben auf Vollständigkeit oder Verbindlichkeit Anspruch; vielmehr handelt es sich um Splitter, Fragmente, Kurzplädoyers. Gelegentliche Überschneidungen konnten und sollten nicht vermieden werden, weil sie in der Natur der Sache liegen. Da der Verfasser ein Mann ist, handelt es sich bei der Perspektive hin und wieder um eine dezidiert maskuline, was heutzutage sicherheitshalber angemerkt werden sollte.

Der Leitbegriff „Lebenswerte“ lässt sich schwerlich exakt eingrenzen. Eigenschaften und erlernbare Fähigkeiten bleiben hier nahezu unberücksichtigt. Desgleichen tauchen so fundamentale Lebenswerte wie Familie, Arbeit oder Freunde nicht auf, weil deren Bedeutung unbestritten ist und keiner Erläuterung bedarf. Immobilien fehlen, weil sie dem Autor fehlen; besäße er welche, schriebe er möglicherweise nicht über Lebenswerte, wenngleich es wohl ungefähr dieselben wären, über die er dann nicht schriebe. Wenn jedoch zum Beispiel Reisen als Stichwort nicht vorkommt, liegt das daran, dass der Verfasser Reisen im Zeitalter des Massentourismus kaum mehr für eine sinnvolle Tätigkeit, sondern zunehmend für eine Form des Terrorismus hält, die nicht von einem Gelegenheitsterroristen noch eigens gepriesen werden muss. Ein Kapitel über Schönheit fehlt, weil dieses Thema unterschwellig permanent, wie man sagt, mitschwingt und außerdem ein eigenes Buch erfordern würde. Es sind auch keineswegs alle Lebenswerte des Autors in diesem Büchlein versammelt.

Einige der hier postulierten Werte scheinen vom Lauf der Welt in ihrer Existenz bedroht zu sein. Daraus resultiert der zuweilen polemische Ton, mit welchem das eine oder andere Kapitel anhebt, der aber schnell wieder verfliegt und hinter dem sich keine Sehnsucht nach der guten alten Zeit verbirgt, denn an die glaubt der Autor so wenig wie an die unbefleckte Empfängnis. Solange Menschen Wein und Oliven anbauen, Sprachen lernen, Bücher und Gedichte lesen, Raumschiffe bauen, beim ersten Sonnenstrahl Tische auf die Straße stellen, solange Glocken läuten, zwischen all den Rentnern hin und wieder ein Kind auftaucht, irgendwo auf einem Klavier Bach gespielt wird und Frauen sich zurechtmachen, bevor sie das Haus verlassen, ist nichts verloren.

München, im Mai 2009
Michael Klonovsky

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